Von Totengräbern, Putzfrauen und anderen Menschen

Zweite Lesung der Autorengruppe CoLibri im Volkskundemuseum Schleswig
am 21. Oktober 2005

Zum Auftakt der Schleswiger Kulturwochen erzählten Autoren der Schriftstellervereinigung CoLibri im mit etwa 60 Zuhörern vollbesetzten Saal des Volkskundemuseums "von Totengräbern, Putzfrauen und anderen Menschen". Umrahmt von klassischen und eigenen Gitarre-Kompositionen moderierte der Rendsburger Manfred Augustin die gelungene Veranstaltung souverän. In dem Romanauzug "der Toten-Karl" ließ Irmela Mukurarinda aus Horstedt ein kleines Mädchen mit dem abergläubischen Totengräber am offenen Grab philosophieren. Es sammelt ausgegrabene Knochen, um sie zu einem ganzen Menschen zusammenzusetzen. In der Selbstmörderecke will es diesen begraben, denn erst dort wird man ihm endlich die ewige Ruhe gönnen. Was aber wird beim Jüngsten Gericht sein: Wie soll der aus verschiedenen Teilen bestehender Mensch einst auferstehen? Gudrun Thomas-Feuker aus Husum las, sich selbst einbringend, bilderreiche Lyrik voll Stille, Sehnsucht, Hoffnung und Liebe. Schade, dass sie noch nicht veröffentlicht hat - man würde nachlesen wollen. Bei Birgit Hambach aus Glücksburg nähern sich drei junge Menschen unwissend und wissend, überheblich und beeindruckt der nächtlichen Akropolis und den Göttern. Nicht die erahnbare Katastrophe macht den Reiz der Erzählung "die Reise nach Athen" aus, vielmehr ist es die wie mit dem Ziselierstift gezeichnete Beschreibung des Weges. Hans Max Werner aus Berend ist da rustikaler. In drei lustigen Dorfgeschichten aus der DDR zweifelt am Ende der aufgeblasene Volkspolizist erstmals an seiner geistigen Überlegenheit - wenn auch nur im Schlaf. Die Schleswigerin Barbara Boltes gab dann vergnügliche Einblicke in die beherrschende Rolle einer "Putzfrau". Jeden Freitag reguliert sie das Leben ihres Arbeitgebers und sorgt, dessen Telefongespräche entgegennehmend, für Verwirrung auch bei seiner Freundin. Rolf Kamradek führte schließlich die Zuhörer auf den liebevoll und genüsslich geschilderten Holm, zum Schleswiger Hafen und in "die Fischbude". Dort muss ein Fremder dann akzeptieren, dass hierzulande der gern gesehene Gast noch lange nicht zur Kritik berechtigt ist.

 

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MA 15.01.2007